Der heilige Kreuzweg

Jeder wahre Christ folgt Jesus nach. Sein Weg ist auch der unsere. Besonders Sein letzter Gang nach Golgotha und Seine wunderbare Auferstehung und Himmelfahrt sind dabei seit den Tagen der Urkirche Gegenstand geistlicher Betrachtung. Schon früh wurden Stellen des geschichtlichen Kreuzwegs Christi durch Steine oder Kapellen bezeichnet, die dann auch von Pilgern besucht wurden.
Maria selbst soll nach frommer Überlieferung täglich einen Rundweg mit den verschiedenen Stationen des Leidens Christi betend und betrachend gegangen sein und so diese Übung begründet haben. Diesen Weg führten die Franziskaner ab dem 14. Jahrhundert auch die Pilger, die nach Jerusalem kamen.
Auch im Abendland wurde der Leidensweg Christi oft nachgebildet. Zwischen dem Anfangspunkt, der Burg Antonia, wo Jesus von Pilatus verurteilt wurde, und dem Kalvarienberg, wo Er am Kreuz gestorben ist, wurden weitere Stationen eingefügt, anfangs noch nicht einheitlich.
Durch ein Kreuzwegbüchlein des Priesters Bethlem (1518) mit einer genauen Beschreibung Jerusalems kamen zwölf Stationen auf, denen dann später auch noch diejenigen der Kreuzabnahme und der Grablegung angefügt wurden.
Durch den heiligen Franziskaner und Volksmissionar Leonhard von Porto Maurizio (1676 – 1751, heiliggesprochen 1867), der allein 576 Kreuzwege errichtet hat, wurde diese Einteilung mit 14 Stationen weltbekannt und seine Anleitung zum Beten des Kreuzwegs auch von der Ablasskongregation 1731 und 1742 als Norm übernommen.
Die Errichtung eines Kreuzwegs geschieht durch Weihe und Aufstellen von 14 Holzkreuzen ohne Korpus (Rit. Rom. IX 11, bildliche Darstellungen sind nicht vorgeschrieben, aber weithin üblich) und kann nach kirchlichem Recht durch jeden Residential- oder Titularbischof oder auch durch die Oberen des Franziskanerordens in ihrem Gebiet erfolgen, die auch die ihnen untergebenen Ordenspriester delegieren können.
Die Kreuzwegandacht ist von der Kirche mit überaus großen Ablässen versehen: Wer den Kreuzweg körperlich geht und dabei das Leiden Christi betrachtet (Ausnahme: beim öffentlichen Gebet in der Kirche kann auch nur der Priester mit zwei Ministranten von Station zu Station gehen), kann jedes Mal einen vollkommenen Ablass gewinnen, einen zweiten vollkommenen Ablass, wenn er am gleichen Tag kommuniziert, einen dritten, wenn man zehn mal den Kreuzweg gebetet hat und innerhalb eines Monats zur hl. Kommunion geht. Alle diese Ablässe kann man auch den Armen Seelen zuwenden.
Wer rechtmäßig verhindert ist, den Kreuzweg selbst zu gehen, kann auch ein dafür geweihtes „Stationskreuz“, das man bei sich führt, verehren und dabei 20 Vaterunser, Ave und Ehre sei dem Vater beten, bei Schwerkranken genügt es auch hier für die Gewinnung der Ablässe, ein solches Kreuz ohne weitere Gebete andächtig zu verehren (vgl. Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 6, Freiburg i.Br. 1961).
Noch heute wird in vielen Kirchen, aber auch von vielen Gläubigen, besonders an Freitagen und in der Fastenzeit, der Kreuzweg Jesu Christi betend und betrachtend gegangen. Was gibt es Wertvolleres, als sich mit dem Leiden und Sterben Christi im Geist zu vereinen und Ihm zu danken für alles, was Er für uns getan hat, um unser Heil zu wirken, wie es auch schöne alte Stoßgebete trefflich formulieren, die man oft bei den einzelnen Kreuzwegstationen zu verrichten pflegt:
Ich danke Dir, Herr Jesus Christ, dass Du für uns gestorben bist!
Ach, lass Dein Blut und Deine Pein, an uns doch nicht verloren sein!
Wir beten Dich an, Herr Jesus Christus und preisen Dich, denn durch Dein heiliges Kreuz hast Du die ganze Welt erlöst!
Gekreuzigter Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser und hilf den Armen Seelen im Fegefeuer!

Thomas Ehrenberger

 

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